Dia zwo siegt sowieso

Gegen 18:30 trafen die ersten diagonalen Recken an der alten Forst ein, um den Kampf gegen die siebte Mannschaft des FC St. Pauli vorzubereiten. Und wir sahen uns, und wir wussten, dass wir gut sind, dass jeder von uns potenziell einen Sieg würde beisteuern können. Und wir weinten vor Freude, weinten, wie nur echte Schachspieler es können, wie nur echte Männer es können. Oder echte Frauen. Oder Haselnusssträuche. Denn der einzige, der wohl nicht gewinnen würde, war Riccardo, war er doch nicht aufgestellt, sondern zum Zuschauen und Daumen Drücken da.

Und so begann der Kampf. Und wie er begann. Haschem steckte gegen Stefan Meyer (1770) in einer freiwildigen Partie erst einmal eine Figur ins Geschäft, während beide Seiten noch nahezu komplett unentwickelt waren. Würde er sein Material gegen den bloßgelegten König rechtzeitig heranbekommen? Die Einschätzung schwankte hin und her, es sah gut aus, aber niemand sah Zwingendes. Letztlich übersah Stefan aber eine Ausrede gegen die Mattangriffe, und als Haschem einen unscheinbaren Bauern von g2 nach g4 schob drohte ein ungewöhnliches Mattbild, dem nur durch Turmopfer zu begegnen war. Mit jetzt einer Qualität mehr und weiterhin starkem Angriff konnte der Mannschaftsführer nun schnell einnetzen und sich fortan der Mannschaftsführung widmen.

Aber diese Mannschaft, sie wurde vom Chef im Vorfeld so gut eingestellt, sie brauchte keine Vor-Ort-Führung. Daniel hatte gegen Jürgen Olschok (1708) eine Variation zum Thema Königsinder im Anzug und drohte um die Felder g7 und h7 herum dem schwarzen Monarchen gar Übles, zwei Springer, Dame und Turm auf halboffener Linie rannten vor. Einer der Springer hauchte sein Leben auf f6 aus, aber statt seiner erschien nun ein Landwirt, der wie ein Sargnagel dort stand. Und als dann noch der schwarzfeldrige Läufer anrückte, war es nur noch eine Frage der Zugzahl, bis diese Partie beendet sein würde. Jürgen verkürzte die benötigten Züge durch Händeschütteln und es stand 2:0.

Lukas spielte so, wie man es von ihm kennt. Eine Partie aus einem Guss gegen Frank Pätsch (1579). Zunächst ein raumgreifender Aufmarsch, Provokation von Felderschwächen in der schwarzen Rochade, Anrücken der schweren Geschütze, Mattideen hier wie dort. Und auf einmal tauscht er am Damenflügel die Damen. Nun, vielleicht wäre sogar ein Mattangriff gegangen, aber stattdessen sahen wir ein praktisch nur gewinnbares Endspiel mit gleichem Material, denn ein heimlich eingeschlichener Springer auf b6 hinderte nahezu im Alleingang beide Türme und Läufer des Gegners an der Einnahme sinnvoller Felder. Und der schwarze Versuch, unter Bauernopfer die offene Linie zu schließen, hielt nur kurz auf, weitere Bauernvormärsche rissen die schwarze Verteidigung komplett auf, und mit zwei sicher fallenden Kleinklötzen wollte Frank nicht mehr, 3:0.

Marten verwechselte zunächst ein der Eröffnung die gegen einen anderen Gegner vorbereitete Variante mit der von Uwe Klausch (1869) tatsächlich gespielten und musste im Spanier weiße Springer auf ihr Wunschfeld f5 lassen. Etwas Gegenspiel am Damenflügel zwang Uwe zwar zur Aufmerksamkeit, war aber nicht wirklich zwingend. Als jedoch nach einigen Abtäuschen die Stellung wieder unklarer wurde und weiß den Damenflügel abriegelte, wurde auch angesichts der anderen Stellungen auf das Ansetzen von Hebeln verzichtet und einfach alles verschachtelt. Eine typische Stellung in der dank 16 Bauern auf dem Feld, die viele schräge Ketten bildeten, nichts mehr ging, und bei stark rückläufiger Zeit musste weiß einsehen, dass mehr als Remis nicht zu holen sein würde, 3½:½.

Dave spielte gegen Karim Malhas (1608) gewohnt Französisch, und Karim spielte eine Variante, die unseren Spanier vor Jahren schon einmal auf den Rücken warf, aber nicht heute. Dave erinnerte sich der Fallstricke, aber auch der Chancen, und auf einmal war der weiße d4-Bauer verstorben. Mit obendrein starken Türmen und Druck auf der halboffenen c-Linie reichte dann eine Ablenkung des Läufers und eine Fesselung zum Gewinn eines weiteren Bauern und der Schaffung eines starken Freibauern auf c3. Als dann die Kollegen auf a und b nachrückten und zwei verbundene Freibauern daraus entstanden, war dem Vormarsch für Karim nur noch unter Figurenopfer Herr zu werden, und kurz darauf wurde der Widerstand eingestellt, 4½:½.

Rainer L spielte eine gewohnte Variante gegen Christoph Hemker (1433) und stand lange, wie es im Schach so kommen kann, mit Stärken und Schwächen. Leider fand er keinen Weg, sich seines rückständigen d6 zu entledigen, oder die teilweise vorhandenen Fesselungen auf der c-Linie zu Vorstößen zu nutzen. Als der Gegner dann auch keinen Damentausch wollte, waren Rainer die Ideen abhanden gekommen. Ihm drohte allerdings auch nichts, und so wurde die Partie unentschieden gegeben, 5:1.

Said und Axel Eichstädt (1730) blitzten zunächst los, als wäre es ein Schnellturnier. Leider hatte Said Probleme, in den Schachmodus zu wechseln, und so war schnell eine unangenehme Stellung mit unrochiertem König entstanden, und als eine Unaufmerksamkeit den f7 kostete, war klar, dass es hier wohl nur in eine Richtung gehen würde. Und Axel ließ sich nicht lumpen, immer mehr Figuren parkten in Saids Hälfte und jeder Zug eröffnete neue Gefahren. Der geneigte Betrachter wusste alsbald nicht mehr, welcher weiße Weg nun der erfolgsversprechendste sein würde – Dame greift am Damenflügel an, Dame greift am Königsflügel an, Springer kommt einfach noch einmal hinzu – und er hat es auch nicht erfahren, denn während der geneigte Betrachter im Nebenraum geneigt eine Analyse betrachtete kam die wenig überraschende Meldung vom neuen Spielstand, 5:2.

Tobias kam gegen Max Cornels (1681) zunächst gut aus der Eröffnung und bekam einen Mehrbauern, dessen Stabilität zwar unklar aber glaubwürdig war, jedoch war beiderseits auf Taktiken zu achten. Und während es um die Zentrumsfelder herum wogte, bekam Max einen Läufer unauffällig auf a6 positioniert, der nicht ganz untypisch nach f1 schielte. Einige weiße Klimmzüge später war es dann leider Bauer gegen Qualität und die stundenlange Verteidigung eines schwierigen Endspiels stand an. In selbigem verzettelte Max sich allerdings, die Qualität wanderte zurück, und einige Züge später einigte man sich angesichts Uhrzeit, Spielstandes sowie der Tatsache, dass beide nicht wirklich einen ganzen erzwungen haben, auf Remis. 5½:2½.

Ein Sieg, der früh absehbar und danach nie wirklich in Gefahr war, am Ende vielleicht sogar etwas höher ausfiel als gedacht. Nach vier Runden stehen wir nun ungeschlagen auf Platz 3 und angesichts der Gesamtkonstellation mit noch Kämpfen gegen die drei nominell schwächsten Mannschaften wäre ein Abstieg schon mehr als überraschend, weswegen wir uns erlauben, einfach mal ein wenig nach oben zu schielen. Dort trohnt HSK XI weit enteilt vor den mit uns punktgleichen HSK-Kollegen mit der Unglückszahl XIII. Beide Gegner haben wir ebenfalls noch vor der Brust und können somit noch ein Wörtchen mitreden. Was wir auch probieren wollen. Ob es mehr als eines wird, wird sich zeigen müssen, eigentlich sind wir ja eher schweigsame Mitmenschen. Aber heute sind wir erfreute Mitmenschen. Und wir weinen vor Freude, weinen, wie es nur echte Diagonalesen können.

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