Es geht auch anders, aber so geht es auch

Runde 3 der Stadtliga A brachte erneut eine der Begegnungen, die Sportreporter mit „ausgerechnet“ umschreiben würden. Ausgerechnet spielte die nominell beste Mannschaft gegen die nominell schlechteste. In anderen Worten: Königsspringer 2 gegen Diagonale 2.

Aber die Tabelle sah gar nicht so überaus eindeutig aus. Tatsächlich waren beide mit 3:1 Punkten punktgleich, der Außenseiter hatte gar die bessere Tordifferenz. Vielleicht auch das einfachere Auftaktprogramm, aber Tatsache war, dass rein tabellarisch die Rollen nicht so klar verteilt waren. Und so nahmen wir uns vor, den Königsspringern zu zeigen, dass auch südlich der Elbe einige Spieler sind, die ganz anständig die Steinchen schubsen können.

Wir haben dann aber doch die zweite Mannschaft hingeschickt. Verstärkt von hinten. Und nach dem kurzfristigen Ausfall von Brett 1 Hopphopp Reals, ersetzt durch den Vereinsjugendmeister, ergaben sich folgende Begegnungen:

Marten-Markus Langmann (2095)
Adrian Lock (2114)-Haschem
Andrei-Eugen Raider (2025)
Andrei Hloskovsky (2017)-Marcel
Tobias-Thomas Wiltafsky (2017)
Christian Conrad (2047)-Dave
Michael-Peter Knops (1930)
Ayman Khalaf (1623)-Said

Damit waren wir im Schnitt nur um 192 Punkte schlechter. Gegen Bestbesetzung der Heimmannschaft hätte das komplett anders ausgesehen. Aber wir haben schon ganz andere Gegner (nämlich schlechtere) nerven können. Das nun folgende wird etwas knapper als sonst, da der Spannungsbogen, wie soll man sagen, nun ja, der Spannungsbogen halt …

Blenden wir uns also nach etwa einer halben Stunde ein. Marten hat sinnlos eine Figur geopfert und kann an sich aufgeben. Haschem steht gedrückt. Andrei hat ebenfalls eine Figur geopfert, muss aber noch nicht aufgeben. Marcel steht potenziell überlastet. Tobias steht vielleicht etwas passiv, aber spielbar. Dave steht bedrückt und hält sich am Läuferpaar fest. Michael steht normal und Said steht klar auf Gewinn.

Kurz darauf muss Haschem aufgeben, unfairer Weise (Marten hätte die erste Null zugestanden). Wie es dazu gekommen ist, habe ich leider nicht mitbekommen. An den anderen Brettern tut sich nicht viel, nur an Brett 8 steht Said jetzt auf Verlust.

Zweites Opfer war Marcel. Er hatte zwar gegen die gegnerischen Überlastungsdrohungen eine hübsche Idee mit Zwischenschach und Rekoordinierung geplant, aber gegen Schachgebote darf man nun mal leider keine Zwischenschachs spielen. Said steht inzwischen klar auf Gewinn.

Marten hatte jetzt auch ein Einsehen, als der Gegner auch noch mit Mattangriff drohte, matt zu setzen (daher auch der Name „Mattangriff“). 0:3, fast schon 150 Minuten gespielt. Leider steht Said komplett hoffnungslos.

Dave hatte sich inzwischen weiter verpassiviert, das Läuferpaar konnte das nicht wert sein, und war es auch nicht. Bei 0:4 rückte der Mannschaftssieg in weite Ferne, aber Saids Stellung gab berechtigte Hoffnung auf einen Ehrenpunkt.

Tobias hatte zwar zwischendurch einen kleinen Aussetzer, aber zog ihn nicht, sondern merkte nach nur wenigen Minuten, dass eine üble Gabel drohte und dachte noch mal von vorne los. Am Ende vielleicht etwas passiver, aber Einbrüche waren nicht mehr möglich, aber ein halber Punkt war drin, dieser wurde offeriert und akzeptiert. Der Mannschaftskapitän wird noch einmal ein Wort reden müssen, damit war die Niederlage besiegelt. Gerade noch rechtzeitig das 0:8 abgewehrt, Said hatte seine Stellung kurz zuvor weggeworfen.

Andrei sah sich nun mit einem gegnerischen Opfer konfrontiert, das alles drohte, aber irgendwie hielt das alles erstaunlich viele Züge. Bis ich darauf hingewiesen wurde, dass er einen ganzen Turm weniger hatte. Vielleicht hielt das doch nicht so gut. Also gab er auf. Said konnte derweilen in ein laut KSH-Spielern einfach gewonnenes Bauernendspiel abwickeln.

Bei Michael war die ganze Partie über nichts los, und so kam es zu einem schiedlich-friedlichen Remis. Und auch Ayman und Said einigten sich auf das wohl fairste Ergebnis.

Normal spielen die beiden Mannschaften ja 2 oder mehr Ligen auseinander, und das sah man heute bei diesem 6½:1½ relativ deutlich. Rein nach Zahl ging das in Ordnung – Bestbesetzungen hätten etwas höher, tatsächlich Besetzung etwas niedriger erwartet, aber beide vor dem nächsten ganzen Halben – aber auch wenn Michael und Tobias solide spielten und auch Andrei lange sehr gut mitspielen konnte, hätten wir uns über eine 4 oder 5 Punkte höhere Niederlage heute nicht beklagen dürfen. Speziell Brett 1 schrie nach Strafpunkten. Ansonsten gab es hier nichts zu holen, auch wenn an Brett 8 mehr oder weniger drin war.

Symptomatisch für den Tag vielleicht die Heimfahrt der Heimfeld-Fraktion: nachdem Marten südlich der Elbe die falsche Ausfahrt nahm, brauchte Tobias nur unwesentliche Minuten bis er es bemerkte und mit einem „dann jetzt links“ seinen eigenen 180°-Fehler zufügte.

Aber wir dürfen nicht vergessen: genau mit so etwas wie heute war zu rechnen, chancenlos paar aufs Maul kriegen. Wenn es letztlich nur die Königsspringer gewesen wären, statt dass wir uns gleich vorauseilend selber schlagen … aber wir haben weiterhin eine geschlossene Mannschaftsleistung, der zehnte Brettpunkt wurde heute erreicht, kein Saisonziel mehr offen, ab jetzt ist Bonus-Schaulaufen angesagt. Spaß haben und Schach spielen.

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