Unser Nationencup am 28.2.15 wirft seine Schatten voraus

Das Hamburger Abendblatt berichtete am Donnerstag in seiner Online-Ausgabe und auch in seiner Printversion über Said, Haschem, Heidrun, Lukas und unser Turnier im Phoenixcenter.

Said_Haschimi

Bericht von Lars Hansen (Onlineausgabe Hamburger Abendblatt)

Eißendorf. Die Aula der Schule In der alten Forst an einem Donnerstagabend: Vorne hat die dritte Mannschaft des Schachvereins Diagonale ein Kreisliga-Heimspiel. Konzentriert sitzen die Aktiven an den Brettern. Im Raum herrscht Stille.

Ganz anders geht es hinter der Trennwand zu: Die erste Mannschaft hat Trainingsabend. Nur hat den Trainer leider die Grippe erwischt, und wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Statt Taktik-Übungen, kniffliger Aufgaben und Analyse des nächsten Landesliga-Gegners ist lockeres Spielen angesagt.

Viele Athleten haben eine Flasche Pils neben dem Sportgerät stehen. Said Haschimi nicht. Er bevorzugt Limonade. Seit einem Jahr spielt der Exil-Afghane für die Diagonale. Auch sein Bruder Haschem ist in den Club eingetreten. Er spielt in der zweiten Mannschaft.

In Deutschland ist Said Haschimi schon viel länger: 1993 kam er hierher. „Ich hatte in Russland eine Ausbildung zum Elektromechaniker gemacht“, sagt er. „Als ich fertig war, konnte ich nicht mehr nach Kabul: Die Russen waren abgezogen und ich hätte in Afghanistan als Verräter gegolten.“

In Russland konnte Said auch nicht bleiben. Er flog nach Deutschland und beantragte Asyl. Nach seiner Anerkennung als Verfolgter wollte Said Haschimi arbeiten, doch die Ostblockausbildung wurde hier nicht anerkannt.

„Ich lernte hier also noch mal neu: Energieanlagenelektroniker“, sagt er. „Ich hatte übrigens nie einen Deutschkursus. Ich habe Deutsch nebenbei in der Lehre gelernt. Nach einem Vierteljahr konnte ich es.“

Mittlerweile ist Said Haschimi Deutscher, verheiratet und Familienvater. Seinen Bruder und seine Eltern ließ er nach Deutschland nachkommen, als die Taliban immer schlimmer zu wüten begannen. Mit seinem Vater Said Daud ist auch Saids erster Schach-Mentor nach Hamburg gekommen: „Ich habe mir als Kind das Spielen von ihm abgeguckt“, sagt Said Haschimi.

„Mein Vater war sogar mal afghanischer Vizemeister, aber unter den Taliban wurde das Schachspielen verboten. Selbst heute schaffe ich es nur dann, meinen Vater zu besiegen, wenn ich ihn beim Spielen mit irgend etwas ärgern kann.“

Auf die Idee, in einen Schachverein einzutreten, wäre Said Haschimi trotzdem nie von allein gekommen. Erst die Schachwoche 2014 im Phoenix-Center brachte ihn in die Diagonale. Schon beim Simultanschach mit Großmeister Dorian Rogoczenko gehörte er zu den wenigen, die ihre Partie gewannen.

Als er und sein Bruder Haschem dann beim Integrationsturnier „Nationen-Cup“ für Afghanistan antraten, erregten sie die Aufmerksamkeit von Jonathan Carlstedt. Der internationale Meister, Bundesligaspieler beim Hamburger SK und Landesligatrainer des SV Diagonale machte den Haschimi-Brüdern klar, dass er sehr sauer werden würde, wenn sie nicht in einen Verein einträten – und er wüsste da auch einen passenden.

Auch Heidrun Zierahn kam über die Schachwoche zum Schachverein Diagonale. Sie nahm mit ihrem Sohn am Familienturnier teil: „“Ich wollte ein Hobby, das ich mit meinem Sohn zusammen betreiben kann“, sagt sie. „Jetzt sind wir beide im Verein.“

Am Schachverein Diagonale schätzen beide nicht nur den kniffligen Sport und das üblicherweise anspruchsvolle Training. „Ich bin sofort herzlich aufgenommen worden“, sagt er, „und wir machen auch außerhalb der Spiele und Trainingszeiten viel zusammen.“

Die Schachwoche im Phoenix-Center veranstaltet nicht der Schachverein Diagonale. Verantwortlich ist der Hamburger Schachklub (HSK), der auch Hamburgs einzige Bundesliga-Mannschaft stellt.

Der HSK veranstaltet in mehreren Einkaufszentren solche Wochen. Dabei allerdings arbeitet der HSK mit den jeweils regionalen Vereinen zusammen. Im Phoenix-Center sind das außer der Diagonale auch Grün-Weiß Harburg, der SK Wilhelmsburg und Schwarzweiß Harburg.

Das Integrationsturnier, das am kommenden Sonnabend die vorletzte Veranstaltung der diesjährigen Schachwoche ist, ist eine Idee des SV Diagonale. „Wir haben uns überlegt, wie wir die Stärken von Harburg und die Stärken des Schachspiels vereinen können“, sagt Diagonale-Sprecher Mathias Wasmuth, „und sowohl Schach als auch Harburg sind sehr international.“

Im Rahmen der Schachwoche findet heute ab 16 Uhr eine Simultanvorstellung mit dem Internationalen Meister Georgios Souleidis statt und ab 18 Uhr das Finale des „Meister-Cup“. Morgen gibt es ein Schulturnier und ab 19 Uhr ein offenes Blitzturnier.

Am Sonnabend beginnt um 10 Uhr das Integrationsturnier „Schach ohne Grenzen“. Der Ein- und Ausstieg ist dabei jederzeit möglich. Letztes Turnier der Woche ist der Familiencup ab 15 Uhr.

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Hamburger Abendblatt vom 26.02.2015, Autor: Lars Hansen

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