Ein gutes Pferd springt nie so hoch, wie es muss

Wenn man an Diagonale-Harburg denkt, dann denkt man unweigerlich an Urlaub. Karibik, Cocktails, Kokospalmen. Heute mussten wir allerdings nach Schnelsen.

Das Oberligaspiel zwischen Königsspringer und Diagonale stand an. Ein wenig karibisches Flair hatten die Gastgeber jedoch vorbereitet, das Wetter sollte an die Bahamas gemahnen, nur hieß Hurrikan Harry heute Sturmtief Sabine und die Temperaturen waren andere. Die Bahn sollte ab mittags nicht mehr fahren, Fähren waren gefährdet, wie sollten wir nur über die Elbe kommen?

Und tatsächlich schafften wir es nicht, vollständig anzutreten, was aber mit Sabine weniger zu tun hatte und auch keine Coronafolge war – der Personalmangel war diesmal so stark, dass ohne die unteren Mannschaften komplett aus der Saison zu nehmen nur ein Antreten zu siebt möglich war, einen achten Namen haben wir uns dann ausgedacht, somit waren wir auch ausnahmsweise in dieser Saison leichte Außenseiter als Schiri Reddmann folgende Partien niedernotierte:

Christoph-IM Jakob Pfreundt (DWZ 2406/Elo 2398)
FM Julian Zimmermann (2276/2285)-Niels Jørgen
Matthias-FM Ilja Rossmann (2257/2291)
FM Jan-Peter Schmidt (2190/2258)-Divyam +:-
Martin-Max Borgmeyer (2146/2189)
Friedrich Wagner (2074/2149)-Etienne
Marten-Markus Langmann (2111/2093)
Jörg Lampe (2085/2116)-Andrei

Kollege Martin-Sommerfeldt war aber anwesender als er oder auch andere dachten – Max Borgmeyer bevorzugte den klangvolleren Namen anstelle eines schnöden „Becker“ auf dem Partieformular. Wenden wir uns also gleich dieser Partie zu. Martin hatte gegen den Sizilianer eine kleine Variante vorbereitet, von der Max aber abwich. Die weiße Stellung schien angenehmer zu spielen zu sein, aber mit weniger konkreter Ideen und angesichts manch unglücklich vergebener Möglichkeiten in der vorigen Runden dachte Martin schnell über Spatzen in Händen und Tauben auf Dächern nach, letztere sind bei solchen Wetterprognosen ja wegwehgefährdet, und schlug die Punkteteilung vor, derer sich Max schwerlich erwehren konnte.

Ähnlich spielte es sich, nur über etwas mehr Zeit hinweg, bei Matthias und Marten ab. Weiß spielte gut, stand angenehm, aber nicht wirklich zwingend zum vollen Punkt verwertbar, und in dieser Reihenfolge teilten sich auch hier die Punkte. Erwähnenswert vielleicht, dass es an Brett 7 ausgerechnet der Königsspringer des Diagonalen war, der die Partie entscheidend mitgestaltete und unter anderem eine entscheidende Diagonale des Königsspringerspielers verstopfen konnte.

Njfn hingegen begann wie gewohnt unorthodox und endete auch so. In einer Stellung, in der beliebig viel für beide Seiten möglich war, übersah Julian in wohl klar besserer Stellung einen Bauerndurchschiebeansatz und ging lieber in ein Dauerschach, bevor er sich überkontern ließ. Somit weiterhin weiße Westen bei den Gästen (wie auch den Gastgebern), aber der Kampflose war noch lange nicht aufgeholt.

An Brett 1 überboten sich später in der Analyse Christoph und Jakob mit Ansagen des Typs „Lb7 habe ich total übersehen“ – „Dafür habe ich g4 übersehen“, aber während der Partie schien es dem Betrachtenden doch eher, als ob die Protagonisten eine grobe Ahnung dessen hätten, was sie dort taten. Christoph spielte sicherlich eine Zeit lang aktiver und verschaffte sich einen entfernten a-Freibauern, aber er kam nicht richtig voran, wohingegen Jakob seinen Monarchen in Marsch setzte, und Christoph sich dann entscheiden musste: entweder den Kollegen in die weiße Stellung einmarschieren lassen, oder sich vom Springer (wer wissen will, ob es Königs- oder Damenspringer war, möge sich die Partie besorgen) zudauerschachen zu lassen. Er entschied sich für das Modeergebnis des Tages und schraubte damit seine verlustfreie Serie in die Größenordnung 1 Dezihebbinghaus.

Somit also 3,5:2,5 für die Heimmannschaft, Andrei oder Etienne würden nun was zeigen müssen. Wobei sowieso beide ebenso wie die Kollegen an den anderen Brettern durchaus viel zeigten. Etienne verteidigte eifrig ein Endspiel mit Mehrbauern gegen die Verflachungsbemühungen seines Gegners, nachdem er die Partie die ganze Zeit von oben gespielt hat, eventuell war hier im Vorfeld auch noch mehr drin. Im Hinterfeld allerdings am Ende nicht, Friedrich verhinderte weitere Fortschritte und nachdem das Partieformular voller und voller aber das Brett leerer und leerer wurde, war auch hier das, was hier heute eben so war. Damit konnten die Königsspringer einen Punkt im Kampf gegen den Abstieg bereits sicher verbuchen.

Blieb Andrei, aber der kam heute eher langsam in die Gänge, mit seinem – Zitat – „üblichen Murks“ kamen einige schräg positionierte und damit anfragbare Bauern, und auch wenn er sich zunächst wunderbar der Sorgen entledigen konnte, auf einmal war eine Figur weg – leider habe ich nicht mitbekommen, wie genau. Mit dem eingeengt-exponierten gegnerischen König setzte Andrei jetzt alles auf eine Karte (Kreuz 9) und schuf hinreichend viele taktische Probleme, dass Jörg zeitlich ins Schwimmen kam. Aber letztlich gibt es auf diesem Level immer 30 Sekunden hinzu, sodass am Ende eine Mehrfigur tendenziell ausreicht, hier auch nicht nur tendenziell, sondern sogar konkret.

Am Ende also mal wieder eine Niederlage, dieses Mal mit 5:3, und wieder einmal waren wir mit dem Gezeigten grundsätzlich zufrieden. Man kann vielleicht nachfragen, ob ein paar der Remisen aus der vermeintlichen Stärke heraus gegen zahlschwächere Gegner nicht noch geknetet worden wären, aber an der Verdientizität des Heimerfolges gibt es wenig zu rütteln – ohne 6, Spiel 7 kann man auch im Skat nur selten herausragend punkten, und im Schach ist es ohne 6, Spiel mit nur 7 nicht entscheidend leichter. Und gut gespielt und gekämpft wurde heute von allen – so kurz, wie es sich oben liest, waren die Partien, speziell die letzten 4, dann auch nicht, so ein paar Stündchen saßen wir schon beieinander.

Weiter beieinander saßen wir dann noch mit den Weißbrettern beim ortsnahen Griechen und dieses Mal hat Matthias erneut (und hier zum ersten Mal) im Erstanlauf sein würzfreies Steak erhalten. Das macht Mut für die noch 9 oder 12 Mannschaftskämpfe, deren Ausgang jetzt zum Dia-Klassenerhalt stimmen muss.

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